Kai Bösel (47) ist Mit-Gründer des Blogs Daddylicious. Ein Blog von Vätern, für Väter. Dort hält Kai seit 2013 zusammen mit seinem Kollegen Mark Bourichter Tipps und Tricks für das Leben als Papa bereit. In einer Vielzahl von Interviews und in regelmäßigen Kolumnen diskutiert er mit anderen Vätern über die Rolle des Vaters und bietet somit eine Plattform des gegenseitigen Austauschs. Kai selbst ist Vater einer Tochter und genießt das Leben mit seiner Frau und ihren zwei weiteren Kindern. Für ihn ist seine Patchworkfamilie das größte Glück. Beruflich ist der Familienvater als Personalberater und Experte für Influencer Marketing tätig.
Was Kai von gleichberechtigter Erziehung hält und wie er über den Klimawandel und seine Folgen denkt, verrät er Nabelschau im Interview.
Nabelschau: Kinder stellen unser Leben erheblich auf den Kopf, wolltest du schon immer Kinder? (Und warum?)
Kai: Tatsächlich wollte ich schon immer Kinder. Ich bin mit zwei Brüdern aufgewachsen und durch meinen Zivildienst im Kinderheim sind dann später auch noch zwei Pflegekinder und ein Hund dazugekommen. Bei uns war also immer viel los und das hat auch mein Familienbild geprägt. Zu der Zeit habe ich Einzelkinder etwas bemitleidet, weil ich dachte, die würden sich mit ihren Eltern langweilen. Heute habe ich eine Patchworkfamilie. Meine Frau hat zwei schon erwachsene Kinder, unsere gemeinsame Tochter ist sieben Jahre. Ein eigenes Kind war als Wunsch immer vorhanden. Und seit die Kleine auf der Welt ist weiß ich auch, dass es richtig war, diesen Wunsch nicht aufzugeben.
Nabelschau: Du sprichst auf deinem Blog viel über die Rolle des Vaters, kann es eine gleichberechtigte Erziehung bei Kindern geben, wenn die Mutter bspw. durch die Geburt bereits eine enge Bindung zum Kind erlebt?
Kai: Ich denke, dass der Papa in der Erziehung andere Aufgaben übernimmt als die Mama. Daher geht es bei der Gleichberechtigung meiner Ansicht nach eher um die gerechte Aufteilung der Betreuung von Kindern. Meine Frau und ich sind selbstständig und waren daher immer sehr flexibel. Insofern haben wir unsere Tochter abwechselnd vom Kindergarten oder der Schule abgeholt. Ich bin aber zum Beispiel am Wochenende auch oft allein mit der Kleinen in die Schwimmhalle gegangen und war auch schon mit ihr verreist. Wir genießen die Papa-Tochter-Zeit sehr. Unsere Erziehung empfinde ich somit durchaus als gleichberechtigt. Mittlerweile kann ich auch mit den Situationen umgehen, in denen meine Tochter der Meinung ist, dass “nur” Mama helfen kann.
Nabelschau: Dein Claim heißt „Von Vätern für Väter“. Was muss oder sollte die “Vaterfigur” der Zukunft leisten?
Kai: Ein ganz wichtiger Aspekt ist es meiner Meinung nach, dass die Kinder sich zu 100% auf den Vater verlassen können und sich beschützt fühlen. Dazu ist es erforderlich, viel gemeinsame Zeit zu verbringen, in der sich die ganze Aufmerksamkeit auf das Kind richtet. Viele Eltern stellen ihre Kinder mit dem Fernseher oder anderen technischen Geräten ruhig, um selbst für einen kurzen Moment entspannen zu können. Das halte ich für falsch. Bei uns landet das Handy schnell in der Ladestation und dann wird gemeinsam gespielt, gelesen, gekocht und getobt. Der Fernseher gehört bei uns bisher noch nicht zum täglichen Unterhaltungsprogramm.
Ich kenne viele Väter, denen die Bereitschaft oder auch die Zeit fehlt, sich intensiv mit den Kindern zu beschäftigen. Daher gibt es keinen Königsweg, denn die Möglichkeiten sind individuell verschieden. Ich halte aber nicht viel von dem Modell des patriarchalischen Vaters, der bewusst eine Distanz zu seinen Kindern hält und auch wenig Bereitschaft mitbringt, sich aktiv einzubringen. Der moderne Vater besucht den Spielplatz, geht Klamotten mit den Kindern kaufen und hilft seinem Nachwuchs bei Problemen und den Hausaufgaben.
Nabelschau: Stichwort gesunder Egoismus. Wie vereinbarst du deine Rolle als Vater mit deinen Bedürfnissen als Individuum?
Kai: Tatsächlich habe ich viele Dinge nach der Geburt heruntergefahren. Dazu fühlte ich mich aber nicht verpflichtet, vielmehr war mir die Zeit mit der Familie und meiner Tochter wichtiger. Ich spiele gern und schon lange Golf, wenn auch nicht besonders gut. Aber eine Runde dauert fünf bis sechs Stunden. Daher war ich ab der Geburt bis zur Einschulung nicht auf dem Platz. Und auch die Ausflüge mit Kumpels wurden weniger. Ich bin beruflich häufiger unterwegs und vermisse meine Familie schon nach kurzer Zeit. Daher haben sich meine „Bedürfnisse als Individuum“ eigentlich nie als Problem erwiesen. Wir sind gern beieinander und können sehr gut zusammen faul oder auch unterwegs sein.
Nabelschau: Was hältst du von Frauen und Männern die sich für das Klima gegen den eigenen Kinderwunsch entscheiden (#birthstrike)?
Kai: Von dieser Initiative habe ich bereits gehört, empfinde sie allerdings als fragwürdig. Sicherlich wird die Welt, in der unsere Kinder aufwachsen, zunehmend durch äußere Einflüsse bedroht. Das Klima ist vermutlich der größte Risikofaktor. Ich halte es aber für sinnvoller, die eigenen Kinder dahingehend zu sensibilisieren und ihnen mit auf den Weg zu geben, den Planeten aktiv zu schützen, anstatt die Erde den Menschen zu überlassen, die sich für den Klimaschutz überhaupt nicht interessieren. Ähnlich stärkt ja auch das Nicht-Wählen eher die militanten Randgruppen, daher halte ich #birthstrike für etwas zu kurz gedacht.
Nabelschau: Inwieweit beeinflusst der Klimawandel die Sorgen um das Leben deiner Kinder?
Kai: Der Klimawandel ist eine der großen Sorgen, die ich täglich fühle. Daher haben wir zuhause ziemlich viel verändert, um unseren Teil beizutragen. Wir produzieren unseren eigenen Joghurt, backen Brot selbst und verzichten weitestgehend auf Plastik. Es ist nicht immer einfach, die eigenen Verhaltensweisen im Sinne des Klimaschutzes anzupassen, aber wir sind auf einem guten Weg. Unsere Tochter wächst damit auf und ist sehr aufmerksam bei diesem Thema.
Nabelschau: Vervollständige bitte folgenden Satz Kinder sind für mich…
Kai: Kinder sind für mich das größte Glück. Zumindest erlebe ich das jeden Tag mit meinem eigenen Kind. Die kindliche Ehrlichkeit, die Kreativität und der unvoreingenommene Blick auf andere Menschen sind etwas, wovon sich jeder Erwachsene noch etwas abschauen kann.
Dieser Artikel könnte Dich auch interessieren: Gute Frage – Über Nabelschau.